Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg

Pilz- und Kräuterkunde

Pilz des Jahres 2022

Pilz des Jahres 2022: Fliegenpilz (Amanita muscaria)

Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) hat in Blaubeuren, während ihrer Jubiläumstagung zum 100-jährigen Bestehen, den Fliegenpilz zum Pilz des Jahres 2022 gekürt.

In Laub- und Nadelwäldern, auf stark versauerten bis neutralen Böden, findet man besonders unter Fichten und Birken vom Sommer bis zum Spätherbst den Fliegenpilz, Amanita muscaria, manchmal einzeln, häufig gesellig oder in größeren Gruppen. Er wächst gern an Wegrändern oder am Waldrand, doch auch in Parkanlagen, auf Friedhöfen und in Gärten.

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Besonders im Gebirge findet man oft größere Gruppen von Fliegenpilzen.
Foto: Fritz Hirschmann


Die jung halbkugeligen Hüte sind später flach ausgebreitet und können Durchmesser von 5 bis ca. 25 cm erreichen. Die glatte, glänzende, orange- bis scharlachrote Huthaut ist jung dicht mit oft konzentrisch angeordneten, pyramidenartig bis kegeligen, später mehr flachen weißen Velumflocken bedeckt. Sie können bei Regenwetter vollkommen abgewaschen werden. Die Huthaut ist komplett tortenstückartig abziehbar. Im Alter ist der Hutrand schwach gerieft. Die weißen, später auch cremegelblichen, gedrängt stehenden Lamellen sind ± deutlich ausgebuchtet, seltener ganz frei. Der zylindrische, ca. 8 bis 20 cm lange Stiel hat eine weiße feinflockige bis leicht genatterte Oberfläche. Die rundliche, weiß bis leicht gelbliche Knolle an der Stielbasis ist mit mehreren Warzengürteln besetzt. Er hat einen weißen ungerieften, hängenden Ring, der häufig am Rand mit gelblichen Flocken besetzt ist. Das weiße Fleisch schmeckt mild, er hat einen unauffälligen bis leicht würzigen Geruch.

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Die weißen Velumflocken sehen fast aus wie "Sahnetupfer". Der ungeriefte Ring ist am Rand girlandenartig mit gelblichen Flocken
Foto: Fritz Hirschmann


Diesen schönen und auffälligen Giftpilz kennt fast jedes Kind aus Bilderbüchern. In älteren Schriften wurde manchmal behauptet, dass man ihn als Speisepilz verwenden kann, wenn die rote Huthaut entfernt wird. Das trifft aber nicht zu. Eventuell kam es zu dieser Aussage, weil der Giftgehalt der Fliegenpilze u. a. abhängig vom Standort, der Witterung und Jahreszeit sehr unterschiedlich hoch sein kann.

Meistens kommt es zu Vergiftungen, weil er als Rauschdroge eingenommen wurde – von Selbstversuchen wird aber ganz dringend abgeraten. Die Vergiftungen werden hauptsächlich durch die enthaltene Ibotensäure hervorgerufen. Sie wirkt stark auf das Zentralnervensystem. Die auftretenden Symptome ähneln anfangs einem Alkoholrausch. Später treten z. B. Verwirrtheit, Sprach- und Sehstörungen, Mattigkeit, starke Müdigkeit, oft Stimmungswechsel und eine teilweise dramatische Veränderungen der Persönlichkeit, sowie der räumlichen und zeitlichen Wahrnehmungen auf. Oft kommt es auch zu Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall und Übelkeit – die individuelle „Verträglichkeit“ ist also sehr verschieden und unberechenbar.

Auch wenn er kaum tödliche Vergiftungen auslöst, sind die Vergiftungserscheinungen doch nicht selten so, dass eine Behandlung im Krankenhaus notwendig ist.

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Beim ganz jungen Fliegenpilz ist noch keine Spur von der roten Huthaut zu entdecken.
Foto: Fritz Hirschmann


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Im Schnitt sieht man zwischen Velumflocken und weißem Hutfleisch die orangerote Huthaut.
Foto: Fritz Hirschmann


Ganz junge Exemplare werden von leichtsinnigen Sammlern evtl. mit Stäublingen verwechselt. Aber spätestens beim Zerschneiden der Fruchtkörper wird der Irrtum sichtbar – der Pilz ist in Hut und Stiel gegliedert, unter dem Velum sieht man deutlich die orangerote Huthaut des Fliegenpilzes.

Manchmal werden Fliegenpilze, die ihre weißen Tupfen „verloren“ haben auch mit rothütigen Täublingen verwechselt – diese haben aber nie einen Ring am Stiel, keine warzige, knollig verdickte Stielbasis und im Gegensatz zu den Fliegenpilzen, das für Täublinge typische brüchige Fleisch.

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Manchmal findet man Fliegenpilze ohne weiße Pusteln auf dem Hut, solche Pilze werden dann eventuell mit rothütigen Täublingen verwechselt - besonders, wenn sie als Einzelexemplare wachsen.
Foto: Fritz Hirschmann


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Im Mittelmeergebiet, hier in Spanien, werden Kaiserlinge auf dem Markt angeboten.
Foto: Walter Pesak


Noch unwahrscheinlicher ist bei uns eine Verwechslung mit dem als Delikatesse geschätzten Kaiserling, Amanita caesarea. Er hat zwar eine gelb- bis orangerötliche Huthaut, aber junge Pilze sind von der weißen Allgemeinhülle ganz umschlossen. Kaiserlinge haben keine warzigen Pusteln auf dem Hut, sondern nur manchmal flächige, weiße Hüllreste. Außerdem sind bei ihm Lamellen, Stiel und Ring nicht weiß, sondern deutlich gelblich gefärbt und die Stielbasis steckt in einer lappigen Volva oder Scheide, wie wir sie z. B. vom Grünen und Weißen Knollenblätterpilz kennen. In Mitteleuropa wächst er nur selten, man findet ihn besonders in warmen Eichenwäldern oder unter Edelkastanien im Mittelmeergebiet.

Im Fichtenwald wachsen Fruchtkörper der Fichtensteinpilze, Boletus edulis und Fliegenpilze, Amanita muscaria, manchmal nahe beieinander, sie haben sehr ähnliche Standortansprüche. In Österreich hat der Fliegenpilz deshalb auch den Namen „Pilzlzeiger“ erhalten.

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Fichtensteinpilz und Fliegenpilz haben ähnliche Standortansprüche, sie wachsen unter Fichten manchmal sehr nahe beieinander.
Foto: Fritz Hirschmann



Text:
Ursula Hirschmann

Fotos:
Bild 1 bis 5 und Bild 7 Fritz Hirschmann;
Bild 6 Walter Pesak

Literatur:
Guthmann, Hahn „Die Pilze Deutschlands“

Zu den Pilzen des Jahres: 2023, 2022, 2021, 2020, 2019,

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