Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg

Entomologie

Insekt des Jahres



Schmetterling des Jahres 2022: Der Kaisermantel

Der Kaisermantel, auch Silberstrich genannt (Argynnis paphia) ist der größte mitteleuropäische Perlmuttfalter, die zu den Edelfaltern gehören. Die Tiere haben eine Spannweite von 55 bis 65 Millimetern. Die Flügeloberseiten der Männchen sind leuchtend orange und haben braune Flecken, an den Adern 1 – 4 der Vorderflügel befinden sich dunkle Duftschuppenstreifen. Die Weibchen sind dunkler, die Duftschuppen fehlen, dafür sind die dunklen Flecken des Vorderrandes der Vorderflügel kräftiger. Die Unterseiten der Vorderflügel sind blasser orange, die der Hinterflügel graugrün, mit einem schmalen, leicht geschwungenen silbrig schimmernden Band vom Vorderrand zum Innenrand, dem der Falter den Namen Silberstrich verdankt.
Es gibt einige Varianten, bei denen die Grundfarbe der Oberseite dunkler und eher beige ist, teilweise mit einem Stich ins bläuliche. Die Unterseite kann deutlich grünlicher sein.

Der Kaisermantel ist weit verbreitet und noch relativ häufig in Europa. Im Norden kommt er bis nach Skandinavien vor und im Süden bis Nordafrika. Das Ost-West-Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Spanien bis nach Japan. Der Kaisermantel lebt in lichten Wäldern, an sonnigen Waldrändern und Waldlichtungen, aber auch in größeren Parkanlagen und in Gärten.

Bei uns fliegt der Kaisermantel in einer Generation von Juni bis August. Die Falter saugen mit Vorliebe an Brombeerblüten, Flockenblumen und Disteln, Skabiosen, aber auch Doldenblütlern oder Sommerflieder.
Bei der Balz verfolgt das Männchen das Weibchen und umkreist es dabei von hinten unten nach vorn und von vorne oben zurück nach hinten, während das Weibchen ganz gerade fliegt. Das Männchen sendet dabei einen Lockstoff aus Duftschuppen aus. Wenn das Weibchen paarungsbereit ist, landet es auf einem Busch und reckt seinen Hinterleib nach oben.
Nach der Paarung legt es die Eier an Baumstämmen ab, vorzugsweise an Kiefern und Fichten, in deren Nähe Veilchen wachsen. Dabei umfliegt es spiralförmigig den Baumstamm, um in Abständen von 0,5 - 2 m je ein Ei in eine Spalte, unter einer Flechte oder Rindenschuppe zu platzieren, wo es nicht sichtbar und vor Sonne und Regen geschützt ist. Die Raupen schlüpfen nach 4-17 Tagen im Spätsommer und überwintern ohne Nahrungsaufnahme an der Rinde des Baumes. Im Frühjahr verlassen sie ihr Versteck und suchen nach Veilchen, ihren Nahrungspflanzen. Sie verpuppen sich nach 2-3 Monaten als Stürzpuppe an Pflanzen in Bodennähe, aus der nach ca. 18-24 Tagen der Falter schlüpft.



Systematik:

Klasse:
Insekten (Insecta)
Ordnung:
Schmetterlinge (Lepidoptera)
Familie:
Edelfalter (Nymphalidae)
Gattung:
Argynnis
Art:
Kaisermantel
(Argynnis paphia)
Kaisermantel - Männchen

Kaisermantel - Männchen
Foto: Eva-Maria Neupert

Kaisermantel - Duftschuppen

Kaisermantel - Duftschuppen
Foto: Eva-Maria Neupert

Kaisermantel - Weibchen

Kaisermantel - Weibchen
Foto: Eva-Maria Neupert

Kaisermantel - Unterseite

Kaisermantel - Unterseite
Foto: Eva-Maria Neupert

Kaisermantel - Variation

Kaisermantel - Variation
Foto: Eva-Maria Neupert



Insekt des Jahres 2022: Die schwarzhalsige Kamelhalsfliege

Kamelhalsfliege

Die Schwarzhalsige Kamelhalsfliege, Venustoraphidia nigricollis (Albarda) , ♀.
Niederösterreich, Eichkogel, 350m, 08. Juni 2013. H. & U. Aspöck leg.
Foto: Harald Bruckner, NHM Wien, Fotoarchiv H. & U. Aspöck und NHM Wien

Von allen Insektenordnungen ist die der Kamelhalsfliegen mit etwa 250 Arten die Artenärmste unter den Insekten mit vollkommener Verwandlung. Davon leben alle auf der Nordhalbkugel, aber nur 16 in Mitteleuropa.

Alle Kamelhalsfliegen haben ein auffallend langes Brustsegment, welches den „Hals“ bildet, der fast ein Drittel der Körperlänge ausmacht und auf dem ein langer, abgeplatteter Kopf sitzt. Er wird oft leicht erhoben und angewinkelt getragen. Bei Weibchen ist außerdem die lange Legeröhre charakteristisch. Die vier langgestreckten, glasklaren Flügel sind von dunklen Adern durchzogen und weisen je ein dunkles Pterostigma (Flügelmal) in der Nähe der Flügelspitzen auf. Die Schwarzhalsige Kamelhalsfliege, Venustoraphidia nigricollis, erkennt man unter den in Mitteleuropa vorkommenden Arten durch die geringe Größe (Vorderflügellänge max. 8,5 mm), den komplett schwarzen Halsschild und das rauchig-ockerbraune Flügelmal, das auf Bildern nicht immer gut zu sehen ist.

Die erwachsenen Tiere aller Kamelhalsfliegenarten fliegen meistens zwischen Mai und Juli. Vor der Paarung erfolgt ein Vorspiel, bei dem sich die Partner gegenüberstehen, um sich mit den Antennen und auch optisch zu stimulieren. Das Weibchen zeigt schließlich Paarungsbereitschaft durch leichtes Abspreizen der Flügel und Anheben des Hinterleibs (Abdomen). Das Männchen schiebt sich von hinten unter das Weibchen und versucht mit dem extrem nach oben gebogenen Hinterleib das Abdomen des Weibchens zu erreichen und sich zu verhaken. In der Folge hängt das Männchen während der oft lange dauernden Kopulation mit dem Rücken nach unten am Weibchen. Anschließend werden die Eier mit Hilfe der Legeröhre in Rindenspalten abgelegt. Die Larvalentwicklung beansprucht bei den meisten Arten zwei bis drei Jahre. Bei wenigen Arten kann sie auch ein Jahr, bei anderen bis zu sechs Jahre dauern, wobei sich die Tiere 9- bis 13-mal häuten. Nach der Larvenzeit verpuppen sich die Tiere um nach der Puppenruhe im Frühsommer zu schlüpfen. Die ausgewachsenen Tiere leben nur wenige Wochen.

Die geschlechtsreifen Insekten sind tagaktiv und ernähren sich von kleinen, weichhäutigen Gliedertieren, wie Blattläusen und Schildläusen. Kamelhalsfliegen-Larven verzehren außerdem die Larven und Eier von Schadinsekten. Zu ihren Fressfeinden zählen Vögel, Spinnen und andere Insektenfresser.
Die Schwarzhalsige Kamelhalsfliege benötigt naturnahe Lebensräume mit großer Artenvielfalt. Man findet sie z. B. an sonnigen Stellen von Wäldern und Lichtungen bis in die Kronenschicht der Bäume. Trotz ihrer gut entwickelten Flügel ist sie kein guter Flieger und daher standorttreu.


Eine verwandte, häufigere Art bei uns ist die Markante Kamelhalsfliege (Phaeostigma notata ). Hier ein Männchen ohne den markanten Legestachel.


Phaeostigma notata - Männchen

Phaeostigma notata - Männchen
Foto: Leo Weltner



Systematik:

Klasse:
Insekten (Insecta)
Ordnung:
Kamelhalsfliegen (Raphidioptera)
Familie:
Raphidiidae
Gattung:
Venustoraphidia
Art:
Schwarzhalsige Kamelhalsfliege, Venustoraphidia nigricollis




Libelle des Jahres 2022: Die Kleine Pechlibelle

Die Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio) ist eine Libelle aus der Familie der Schlanklibellen. Der Artname pumilio heißt „Zwerg“ und trifft es gut, denn sie ist mit einer Länge von 3cm und einer Flügelspannweite von maximal 3,5cm eine der kleinsten heimischen Libellen.
Die Art erscheint je nach Alter und Entwicklungsstadium in verschiedenen Farben. Das Männchen ist zunächst weißlich, wird dann gelblich-grün und am Schluß blau. Zudem hat das Männchen zweifarbige, schwarz-weiße Flügelmale an den Vorderflügeln und kurz vor dem Hinterleibsende eine blaue Zeichnung.
Das Weibchen ist zunächst meist rot-orange und wird dann hell- oder olivgrün (in seltenen Fällen wie das Männchen blau), ihm fehlt die blaue Zeichnung am Hinterleibsende.

Die Kleine Pechlibelle kommt in Mitteleuropa von den Azoren bis in die Mongolei und von Nordafrika bis in den Süden von Skandinavien vor.
Sie liebt als Erstbesiedler stehende, flache, vegetationsarme Gewässer, wie Sandgruben, Gräben oder Tümpel. Dort kann sie auch mal in größeren Mengen auftreten. Verändert sich das Habitat, verschwindet die Art aber auch schnell wieder.

Die Kleine Pechlibelle fliegt bei uns von Ende Mai bis Anfang September. Die Männchen kommen erst am späten Vormittag ans Gewässer. Dort suchen sie in tiefem Flug nach einfliegenden Weibchen. Sind die Weibchen in Paarungsstimmung, nähern sie sich den Männchen. Bereits kurz darauf kommt es zum Paarungsrad. Die Paarung kann bis zu 6 Stunden und mehr dauern. Damit halten sie den Rekord beim Paarungsverhalten aller Libellenarten.
Die Eiablage erfolgt dann meist am späten Nachmittag oder in den Abendstunden alleine durch das Weibchen. Die Eier werden in Algenmatten, vom Wind eingewehte Gräser oder bei vegetationslosen Gewässern unmittelbar an der Wasserlinie in weiche Bodensedimente eingestochen.
Die Eientwicklung dauert temperaturabhängig 2-4 Wochen. Trocknet das Gewässern aus, schlüpft die Larve erst, wenn die Eier wieder im Wasser liegen. Die weitere Larvenentwicklung ist noch weitgehend unbekannt, vollzieht sich bei hohen Temperaturen aber so rasch, dass die Art in warmen Gewässern meist 2 Generationen pro Jahr hervorbringt. Schlupfzeit der erwachsenen Libellen ist dann Mitte Mai bis Mitte Juni und im August. Dann dauert es noch 6-12 Tagen bis die Libelle paarungsbereit ist.

Systematik:

Klasse:
Insekten (Insecta)
Ordnung:
Libellen (Odonata)
Familie:
Schlanklibellen (Coenagrionidae)
Gattung:
Pechlibellen (Ischnura)
Art:
Kleine Pechlibelle
(Ischnura pumilio)
Kleine Pechlibelle m

Kleine Pechlibelle - Männchen
Foto: Günter Loos

Kleine Pechlibelle w

Kleine Pechlibelle - Weibchen
Foto: Günter Loos

Kleine Pechlibelle w

Kleine Pechlibelle - Weibchen, noch nicht ausgefärbt
Foto: Günter Loos


Zum Insekt des Jahres: 2024, 2023, 2022, 2021, 2020, 2019,

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